Vom Triathleten zum Ultratrailläufer

Der Wandel des Matthias Weitmann

Nach zahlreichen erfolgreichen Starts für die Liga Mannschaft der Triathlon-Abteilung des MTV Stuttgart sowie Wettkämpfen auf der Olympischen- und Mitteldistanz hat sich Matthias Weitmann seit der Saison 2017 dem Ultralauf verschrieben.

 

Im Jahr 2018 absolvierte er drei "Vorbereitungswettkämpfe" mit Strecken von mindestens 50 Kilometern und nahm an den Wettkämpfen "Hexenritt" im Harz (108 KM, 1800 Höhenmeter), dem "Hochkönig Endurance Trail" (88 KM, 5200 HM), dem Zugspitz Ultra Trail (100 KM, 5400 HM), dem Großglockner Ultra Trail (110 KM, 6500 HM) und zum Saisonabschluss dem Wienerwald Ultra Trail (110 KM, 3800 HM) teil.

 

Im Interview spricht Matthias über seinen Weg zum Ultraläufer, die vergangene Saison sowie über seine Ziele für die Zukunft.

 

AB:

Hallo Matthias, hinter dir liegt eine beeindruckende Saison. Als erstes Mitglied des MTV Stuttgart hast du Distanzen über 100 Kilometer in Angriff genommen. Wie bist du eigentlich zum Ultralauf gekommen?

 

MW:

Bei meinen Starts in der Liga im Jahr 2016 war das Laufen eigentlich immer meine schlechteste Disziplin. Regelmäßig bin ich "hintenraus geplatzt", wie man so schön sagt. Daher habe ich in meinem Training einen größeren Fokus auf das Laufen gelegt und sehr schnell Gefallen an längeren Strecken gefunden.

Ich habe mich dann Februar 2017 für den Jokertrail in Heidelberg (50 KM, 2100 HM) angemeldet und diesen auch erfolgreich beendet. Meinen ersten klassischen Marathon lief ich erst zwei Monate später in Esslingen, von der Zielzeit von 4:30 war ich zunächst enttäuscht. Im Nachhinein sehe ich es als wichtigen Entwicklungsschritt. Ich hatte Blut geleckt und wollte mich erneut auf den längeren Strecken beweisen, weswegen ich mich kurz darauf für den Allgäu Panoramalauf (69 KM, 3000 HM) anmeldete. Mein Ziel war es, diesen unter 10 Stunden zu finishen. Obwohl ich im Vorfeld einen schweren Radsturz im Rahmen eines Liga-Wettkampfes zu verarbeiten hatte, konnte ich dieses Ziel erreichen. In mir reifte der Wunsch nach größeren Herausforderungen, und ich beschloss mich für den Großglockner Ultratrail ( 110 KM, 6500 HM, Streckenabschnitte im hochalpinen Gelände über 2500 m N.N.) 2018 anzumelden. Ein abschließenden ersten Versuch auf der 100 Kilometer Distanz beim Taubertal Ultra beendete ich nach 50 Kilometern und damit auch meine Premierensaison als Ultraläufer im Jahr 2017.

 

AB:

Was macht für dich die Faszination am Ultralauf aus?

 

MW:

Faszinierend finde ich vor allem das Durchleben mentaler Höhen und Tiefen sowie die psychische und physische Grenzerfahrung. Im Triathlon, auch auf der Mitteldistanz, hatte ich dieses Phänomen noch nicht wahrgenommen. Im Ultralauf verschiebt man selbst Grenzen und erlebt Kopf und Körper auf eine neue Art und Weise. Von Lauf zu Lauf kann man auf diese Erfahrungen aufbauen und sich selbst immer intensiver erleben. Die Grenzen des Erreichbaren rücken in immer weitere Ferne.

 

AB:

Triathlontraining ist vielen ein Begriff – wie bereitest du dich auf Ultraläufe vor?

 

MW:

Wie in jeder anderen Ausdauersport arbeite auch ich mit einem strukturierten Trainingsplan. Dieser beinhaltet neben allgemeinem Krafttraining, langen Bergintervallen und langen Läufen von etwa 30 Kilometern auch Vorbereitungsultras von bis zu 50 Kilometern sowie lange Märsche abseits befestigter Wege. Wichtig ist dabei euch die permanente Selbstreflexion und das Gefühl für den eigenen Körper.

 

AB:

Arbeitest du mit einem Trainer zusammen?

 

MW:

Nein, ich steuere mein Training selbst.

 

AB:

Was waren für dich die Highlights und schlimmsten Erlebnisse in der vergangenen Saison 2018?

 

MW:

Ein Highlight war definitiv der Wienerwald Ultratrail, mein erster Wettkampf deutlich über 100 Kilometern, den ich sehr souverän in 15h56min ins Ziel bringen konnte. Insbesondere da ich die Saison nach meinem Abbruch beim Großglockner Ultra Trail eigentlich schon beendet hatte. Negativ war neben diesem sicherlich meine Verletzung am Sprunggelenk in Vorbereitung auf den Hexenritt. Insgesamt konnte ich jedoch auch aus diesen Situationen viel Positives ziehen, da ich einiges dazugelernt habe.

 

AB:

Was sind deine Ziele für die nächste Saison?

 

MW:

Ich will auf jeden Fall an einem Lauf der Ultratrail World Tour teilnehmen. Welcher es sein wird, ist noch nicht entschieden. Ansonsten ist die Saison noch offen. Idealerweise möchte ich ITRA Punkte sammeln, um mich mittelfristig für den Ultra Trail du Mont Blanc zu qualifizieren.

 

AB:

Abschließende Frage: Planst du ein Comeback im Triathlon ?

 

MW:

Triathlon ist eine tolle Sportart und hat mir viel gegeben, ist aber auch sehr zeitaufwendig. Aktuell nutze ich die anderen Disziplin Schwimmen und Radfahren aber eher als Ausgleichssportarten und um Grundlagenausdauer aufzubauen. Falls eine Sprintdistanz oder ähnliches in meinen Plan passt, werde ich vielleicht mal wieder daran teilnehmen. Sicher wäre ein Start auf der Langdistanz und der Versuch einer Hawaii-Qualifikation auch eine Grenzerfahrung, die mich sehr reizen würde, aber mein Fokus liegt aktuell auf dem Laufen.