Daniel Purvis, der fliegende MTV-Brite
Für die Bundesliga-Wettkämpfemit demTurnteamStuttgart reist derOlympia-Teilnehmer jedesMal aus demKönigreich an
Für die Bundesligaturner desMTV
Stuttgart ist das Duellmit der TG Saar
das wichtigste dieser Saison. Gewinnt
das TeamumMarcel Nguyen an diesem
Samstag, darf es sich weiter Hoffnungen
auf das Finalemachen. Eine wichtige
Rolle spielt dabei auch Daniel Purvis.
STUTTGART. Daniel Purvis hat an diesem
Wochenende die weiteste Anreise zum Bundesliga-
Wettkampf des MTV Stuttgart
gegen die TG Saar. Mehr als 900 Kilometer
muss der Brite zurücklegen – von seinem
Heimatort Birmingham in England bis zur
Scharrena im Stuttgarter Neckarpark. An
diesem Freitag kommt er in der Landeshauptstadt
an, amSamstag (17Uhr) kämpft
er mit seinen Teamkameraden gegen den
deutschenMeisterundamSonntagum16.40
Uhr geht der Flieger zurück auf die Insel.
Seit dieser Saison turnt der Olympia-
Dritte fürStuttgart.VonderStadthat erbislang
noch nicht viel gesehen. „Ich hatte dazu
noch keine Zeit, aber ich hoffe, dass ich das
bald nachholen kann“, sagt er. An diesem
Wochenende hätte er zum vorerst letzten
Mal die Gelegenheit dazu, in den letzten
zwei Saisonwettkämpfen wird Kristian
Thomas, der zweite Brite in Diensten des
MTV, zumEinsatz kommen.Da beideAthleten
hervorragende Mehrkämpfer sind und
jede Bundesligamannschaft pro Gerät nur
einen Ausländer einsetzen darf, wechseln
sich dieMTV-Neuverpflichtungen ab.
Der positive Nebeneffekt für den MTV:
ProWettkampfmussderClubnur einenTurner
einfliegen lassen. Im Schnitt 700 Euro
kosten die Flüge von Birmingham nach
Stuttgart und zurück. Bei sieben Saisonwettkämpfen
kommen so fast 5000 Euro zusammen.
Viel Geld für einen Verein, der
einen Etat von 175 000 Euro zur Verfügung
hat – für zwei Teams. „Es ist für uns aber sogar
günstiger, jedes Mal einen Ausländer
einfliegen zu lassen, als einem weiteren
Deutschen eine regelmäßige Aufwandsentschädigung
zu bezahlen“, sagt MTV-GeschäftsführerKarstenEwald.
Die deutschen
Turner bekommen monatlich Geld, die englischen
Athleten erhalten nur Prämien für
Wettkämpfe, an denen sie auch teilnehmen.
Der Aufwand lohnt sich – auch für Purvis.
„Die Bedingungen hier sind hervorragend,
das Publikumist großartig“, sagt er.
AthletenextrafürdieWettkämpfe einfliegenzulassen,
ist inderLiga seit Jahrzehnten
üblich. „Für die ausländischen Turner ist es
besser, sich in ihrer gewohnten Umgebung
auf ihre Übungen vorzubereiten“, erklärt
Claudia Krimmer, die Managerin der Stuttgarter
Bundesligateams. Bis auf den Tabellenvorletzten
MTT Chemnitz hat jede Ligamannschaft
mindestens einen ausländischen
Weltklasseturner in ihren Reihen.
Insgesamt sind in den acht Teams der Deutschen
Turnliga (DTL) 20 ausländische Turner
aus elfNationen aktiv.Wer vornemitmischenwill,
braucht neben deutschenKaderathleten
international erfahrene Ausländer.
Für die Stuttgarter jedenfalls ist die Unterstützung
von Daniel Purvis und Kristian
Thomasunheimlichwichtig – vor allemnach
dem Ausfall des deutschen Nationalturners
SebastianKrimmer (Bizepssehnenriss).
Möglichwurde die Verpflichtung der englischen
Weltklasseathleten durch die Verpflichtung
vonMarcelNguyen.Derdoppelte
Silbermedaillengewinner von London hat
den MTV weit nach vorne gebracht – nicht
nur sportlich, sondern auch finanziell.
„Unsere Sponsorensituation hat sich sehr
verbessert“, sagtEwald.Zwei größereGeldgeber
sind in diesem Jahr noch dazugekommen.
Insgesamthat sichderEtat von125 000
auf 175 000Euro erhöht.DieBasis dafür bilden
50 Förderer, die die Turner mit 1500 bis
3000 Euro pro Saison unterstützen. Fünf
Großsponsoren greifen tiefer in die Taschen.
Der MTV hat aufgerüstet, das Ziel war
klar: „Wir erwarten den Titel“, hatte Ewald
bei Nguyens Vorstellung im Dezember 2012
gesagt. Zehn Monate und zahlreiche Verletzungen
spätermuss diese Vorgabe korrigiert
werden.DasFinale istnurnochzuerreichen,
wenn der MTV die TG Saar schlägt. „Und
das gelingt nur, wenn wir fehlerfrei turnen
und SaarNerven zeigt“, sagtEwald.
Die Hoffnungen liegen dabei auch auf
Purvis. Der Engländer muss – Reisestress
hin oder her – perfekt turnen. Wenn das gelingt,
steht am23. November womöglich ein
weitererWettkampf an–dasLiga-Finaleum
den Titel in Karlsruhe. Und wenn dort alles
gut läuft – bleibt Daniel Purvis womöglich
dann auch mal ein bisschen länger in
Deutschland. Einen deutschen Meistertitel
kannman ja schlecht auf der Insel feiern.
Quelle: Stuttgarter Nachrichten